Die "herzliche" Scharlatanerie

Carlo Zumstein und sein The-Art-of-Bridging-Schamanismus

Man merkt es schnell. Carlo Zumstein sieht nicht hinter den „Vorhang“. Er ist ein guter Verkäufer, wobei ich diesen wichtigen Berufsstand im Folgenden nicht kränken will.

Im Gespräch mit Franz X. Vollenweider wurde er vor laufender Kamera[1] ertappt, wie er die Erinnerung an elterliche Instruktionen für lebendige, innere Stimmen hält, was bereits Studenten in den Bachelorarbeiten zu unterscheiden wissen. So wird jeder schnell Schamane, jedenfalls in seinem Kasperletheater.

Als bekannter Prof. Dr. Franz Vollenweider in wissenschaftlichen Ehren kann er so etwas vor Publikum nicht durchlassen. Um aber eine öffentliche Demontage seines Schulter klopfenden Kollegen zu vermeiden, –  Carlo Zumstein ist einnehmend – machte er wohl auf den Ernst der Sache aufmerksam, wechselte dann aber in den Spassmodus und sagte dem Quacksalber, diese Eltern habe er nicht, das müsse er ihm dann noch erklären. Darauf erwiderte Zumstein, den Spassmodus gerne annehmend, aber gefallen, denn er muss die Aussage auf sich selber zurückziehen: „Ich bin ein Neurotiker“. Auch musste er mit: „Ich habe diese Eltern lange Jahre gehabt“, sein gerade Gesagtes weiter verleugnend, in die Vergangenheit fliehen. Seine ursprüngliche Aussage, worum es geht, lautete: „Wir haben immer innere Stimmen. Mami und Papi sagen immer: 'Machst du das Richtige?! Bist ist du gut jetzt?! Bist du anständig?!‘ Sie kennen das.“
Neurotiker müssen sich offenbar nicht so an die Wahrheit halten. Ein schöner Trick. Nur hat sich Carlo Zumstein damit gleich das zweite Eigentor geschossen, denn die Schamanen nehmen erstens tatsächlich innere Stimmen wahr, nicht nur animierte Erinnerungen und Fantasien, und sie sind zweitens keine Lügner, die sich hinter Neurosen verstecken.

Ich schlage vor, dass sich Carlo Zumstein bei seinen Patienten und Seminarteilnehmern für das Vorgaukeln von Schamanismus entschuldigt und das Honorar zurück erstattet.

Carlo Zumstein ist ausserdem ein Beispiel, wie es möglich ist, nicht einmal mit Drogen mit dem Nirwana Fühlung aufzunehmen. Eine Initiation hat nicht stattgefunden. Visionen sucht er auf besonderen Reisen in der materiellen Welt, etwa in der Wüste. Diese Reisen heissen zudem ausdrücklich „Visionssuche“. Damit werden die Wünsche und Sehnsüchte geweckt. So wird die Vision aus dem Kopf selber erschaffen. Respektive ist es dann keine Vision mehr, sondern eine Imagination wie bei Stephen Gallegos (siehe dort). Das ist wirklich schlimm.

Mit Garantie findet bei dem völlig übertrieben angepriesenen „Basis-Seminar“ mit

„Gruppe: Einführung ins energetische Wirken im Sein – Aufbau eines Energie-Kreises und Kraftplatzes – Erfahrung des Totems der neun Lebens-Energien der Erde. Individuell (im Kreis): Öffnen des Zeit-Spaltes – Öffnen des Lotus der Wirklichkeit – Erfahrung Unmittelbarkeit als Tor in die Weite, Stille und Ruhe des All-Einen – der persönliche Totem-Plot: die neun Traumkörper – Verbündete erkennen. Wirken für und mit Anderen: Einführung ins Energetische Heilen – Aufbau von Energiefeldern – Energetische Heil-Rituale – Aufbau und Durchführung von Heil-Ritualen – Stein-Orakel: die Kraft und Weisheit der Erde im Alltag nutzen – Spirit Canu: gemeinsam ein heilendes Kraftfeld kreieren.“

innert nur drei Tagen nicht die Spur einer Initiation statt. Es handelt sich hier um einen blossen Missbrauch von schamanischen Formen, die in ihrer leeren Äusserlichkeit die Hauptsache vereiteln. Und da muss man sich vorstellen, da kommt dann noch der legendäre Witz des Schauspielers Carlo Zumstein, wie er sich die Narrenkappe überzieht und mit den Anwesenden seinen Schalk treibt. Tiefe gibt es nicht. Lehrer will er nicht sein. Wir können es nicht ändern.



[1] Podium zum 100. Geburtstag von Albert Hofmann über „Natürliche und pharmakologische Wege zu erweiterten Bewusstseinszuständen“, 14. Januar 2006, Basel, https://www.youtube.com/watch?v=VHtfuSCXKt0, 1:06

 

Aus "Beitrag eines modernen Schamanismus"